Ammoniak-Wasserstoff Anwendungen

EU-Emblem.png

Auf Basis der Erfahrung in regenerativer Stromerzeugung durch Windkraft und Solarenergie  beschäftigt sich die whs bereits seit Jahren mit Energiespeicherung durch sog. power-to-X-Treibstoffe.

Im Vordergrund steht die Nutzung von Ammoniak-Wasserstoff, über die ein wesentlicher Beitrag zum CO2 freien Schwerlastverkehr der Zukunft geleistet werden kann. Ein derzeitiger Schwerpunkt bildet die Umrüstung eines Sportboots auf den CO2-freien Antrieb mit Ammoniak-Wasserstoff verbunden mit dem Nachweis der technischen Machbarkeit auch für Frachtschiffe im Langstreckenbereich. Das Vorhaben wird im Rahmen des Programms für die Förderung von Investitionen in Wachstum und Beschäftigung in Hessen aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 2014 bis 2020 (IWB-EFRE-Programm Hessen) durch das Land Hessen gefördert.

 

Vorhabensbeschreibung 
CO2-freies Sportboot mit Ammoniak als Treibstoff 


1.Allgemeines

Im Zuge der Energiewende im Verkehr ist in erster Linie von strombasierten Brennstoffen wie Wasserstoff, synthetischem Methan oder auch synthetischem Diesel (z. B. nach Fischer-Tropsch) bzw. anderen Kohlenwasserstoffen die Rede. Wasserstoff hat den Nachteil der schlechten Speicherfähigkeit, zur kohlendioxidneutralen Verwendung der Kohlenwasserstoffe in großem Massstab muß das zur Herstellung erforderliche Kohlendioxid aus der Luft oder aus Verbrennungsabgasen gewonnen werden, wodurch zumindest derzeit eine wirtschaftliche Anwendung erheblich erschwert wird. 

Auch CO2-frei hergestellter (grüner) Ammoniak kann als strombasierter Brennstoff verwendet werden und bietet den Vorteil, dass er kostengünstig in flüssiger Form gespeichert und transportiert werden kann, keine Kohlenstoffquelle benötigt und damit CO2-neutral bleibt sowie bereits derzeit großtechnisch verfügbar ist. Bei großtechnischer Herstellung aus der immer günstiger werdenden Solarenergie werden Preise für den Zeitraum ab 2030 von 5-6 ct/kWh für grünen Ammoniak kalkuliert. Damit liegen die Herstellungskosten bereits in der Größenordnung von Dieselöl ohne Berücksichtigung von Energiesteuern. 

Bei der Verbrennung unter optimalen Bedingungen entsteht nur Wasser und Stickstoff. Wesentlicher Nachteil ist die schlechte Brennbarkeit, die die Nutzung in Wärmekraftmaschinen erschwert. Zur Vermeidung des Nachteils wurde ein energieautark laufender Spaltreaktor entwickelt, der Ammoniak mit hohem Wirkungsgrad wieder in die Elemente aufspaltet (2 NH3 => 3 H2 + N2). Der Spaltreaktor ist patentiert. Der so erhaltene Wasserstoff (Der Reststickstoff durchläuft als Inertgas den Verbrennungsprozess.) kann wie üblich als Brennstoff in Wärmekraftmaschinen genutzt werden.

Um den Aufwand für den Spaltreaktor zu minimieren und weiterhin eine möglichst große Menge von brennbarem Gas zu erhalten, kann dem aus der Ammoniakspaltung erhaltenen Wasserstoff zusätzlich eine größere Menge an Ammoniak zugemischt werden kann, ohne dass die Brennbarkeit des Gasgemisches verloren geht. Mischungsverhältnisse bezogen auf den Energieinhalt zwischen Ammoniak und Wasserstoff von 4:1 bis mindestens auf 8:1 sind möglich, so dass nur ein entsprechend geringer Teil des Ammoniaks zu Wasserstoff und Stickstoff gespalten werden muß, um ein brennbares Gasgemisch zum Betrieb einer Wärmekraftmaschine zu erhalten. Der Wasserstoff wirkt nur noch als Zünder für die Ammoniak-Luft-Mischung. Wegen des im Vergleich zu konventionellen Antrieben mit erdgas-, benzin- oder dieselgetriebenen Kolbenmotoren höheren Aufwands des Gesamtsystems infolge des zusätzlichen Spaltreaktors sollte das Verfahren als Antrieb für Schiffe, Lokomotiven oder LKW vorgesehen werden, da dort die Mitführung von zusätzlichen Einrichtungen weniger ins Gewicht fällt als bei kleinen Fahrzeugen, die bevorzugt elektrisch angetrieben werden können.

 

2.Geplante Demonstrationsanlage

ANTRIEBSSYSTEM

Innerhalb des Forschungsvorhabens wird die Umrüstung eines Sportboots mit einer Länge bis zu 15 m vorgesehen. Aus den Ergebnissen für langsamen Fahrbetrieb kann auf die Erfordernisse für den Antrieb eines Binnenfrachtschiffes hochgerechnet werden. Für langsamen Fahrbetrieb kann eine erforderliche Antriebsleistung für das Sportboot von ca. 20 – 40 kW abgeschätzt werden.

 

Abbildung: CO2-freies Antriebssystem mit Ammoniak als Treibstoff

Der Spaltreaktor liefert einen Produktgasstrom mit einer thermischen Leistung von ca. 30-35 kW an Wasserstoff und ist daher zum nachgeschalteten Betrieb eines Gasmotors geeignet. Der Spaltreaktor hat einen Wirkungsgrad von 85-90 %  und incl. der Isolation Abmessungen von 40 x 40 x 180 cm bei einem Gewicht von ca. 50 kg. 

Unter Berücksichtigung der Ammoniakzumischung von z. B. 100 kW wie in der Abbildung dargestellt, kann beispielsweise die Feuerungswärmeleistung für den Gasmotor von 30 kW auf 130 kW erhöht werden. Durch die Zumischung von Ammoniak werden weiterhin die Probleme des Wasserstoffmotors wie Frühzündung oder Flammenrückschlag in den Ansaugkanal vermieden. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die extrem hohe Oktanzahl des Gasgemisches, die eine Verdichtung wie beim Dieselmotor erlaubt.

AUSWAHL DES BOOTES UND REICHWEITE

Als entsprechendes Boot wurde eine Sea Ray 390 (siehe Foto) mit einer Länge von 12,80m und einer Breite von 4,10 m angeschafft. 

Boot.jpg

Wichtigstes Kriterium für die Auswahl eines geeigneten Bootes als Demonstrator ist dessen Aufnahmefähigkeit für die zusätzlichen Gewichte des Antriebssystems. Maßgeblich sind die Gewichte der Tanks, die sich aus der geforderten Reichweite ergeben. Angenommen wird ein Vorrat von 500 kg Ammoniak (Tankgewicht 800 kg, Energieinhalt 2500 kWh).

Bei einem niedrig angenommenen Wirkungsgrad für Teillastbetrieb von 20% ergibt sich pro Tankfüllung eine rechnerisch verfügbare mechanische Energie von ca. 500 kWh.  Unter der Annahme dass für den langsamen Fahrbetrieb eine Leistung von 10 kW zur Erzielung einer Fahrgeschwindigkeit von 10 km/h ausreicht, würde der Tank für eine Fahrt von ca. 50 h und damit für eine Fahrstrecke von ca. 500 km ausreichen. In Anbetracht aller Ungenauigkeiten in der Abschätzung ist zu erwarten, dass die Reichweite zwischen 300 und 700 km liegt. Damit sollten eine oder zwei Tankfüllungen ausreichen, um Deutschland auf einer Wasserstrasse quer zu durchfahren.

Inclusive des Spaltreaktors mit ca. 100 kg Gewicht ergibt sich eine Zusatzbelastung von ca. 1 t, die der Bootskörper aufnehmen muß.

Das verfügbare Boot mit einem Gewicht von ca. 10 t  kann diese Zuladung aufnehmen, die zu einer geringen Vergrößerung des Tiefgangs um ca. 5 cm führt, so dass eine Überladung vermieden wird. Das Boot verfügt über zwei V8-Motoren mit je 7,4 l Hubraum. Ein Turbolader wird nicht verwendet. Einer der Motoren wird auf den Betrieb mit Ammoniak-Wasserstoff umgestellt. Die Motoren leisten bei 4500 U/min je ca. 250 kW, der Betrieb mit Ammoniak-Wasserstoff soll jedoch nur bis zu Drehzahlen von 1500 U/min erfolgen, was einer Leistung von 60 – 80 kW unter Volllast entspricht. Angestrebt wird ein unterer Teillastbereich von ca. 10 – 30 kW. Diese Leistung ist für einen langsamen Fahrbetrieb ausreichend.

Die Abgasreinigung erfolgt über einen üblichen 3-Wege-Katalysator. Bei einem  schwach brennstoffreichen Betrieb (0,99 < λ < 1) können Stickoxide zuverlässig beseitigt werden.

 

3.ZielsetzunG

  • Untersuchungen der Abgaszusammensetzung

  • Hochrechnung und Machbarkeitsstudie für den Antrieb eines Binnenfrachtschiffes

  • Nachweis der Machbarkeit des Antriebs

  • Nachweis der Realisierung von hohen Reichweiten

Nach derzeitigem Stand wird das Vorhaben bis 31.12.2021 abgeschlossen.

Zur zielgerichteten Positionierung von Ammoniak-Wasserstoff Anwendungen wurde von der WHS Gruppe im Jahr 2020, die Ammonigy GmbH gegründet. Weitere Information unter www.ammonigy.com